„Atelier für
Zimmerdekoration“
Währingerstr. 28, Wien IX
1858 kam der, aus einer
ursprünglich sächsischen, jedoch seit dem frühen 18.
Jahrhundert im Raum Berlin beheimateten Zimmermannsfamilie
stammende Carl Friedrich Schmidt (1824-1894) nach Wien und wurde
Teilhaber in der 1858 neu eröffneten „Tapeten-Niederlage
F. Schmidt & Sugg“. Bald schon konnte C. F. Schmidt die
Firma zur Gänze erwerben und 1863 ins Handelsregister
eintragen lassen.
1864 belieferte
er bereits den Wiener Hof. Seinen Aufschwung erlebt das Unternehmen
in der Rotenturmstr. Nr. 11, als der Sohn Otto (1854-1895), als
Gesellschafter in das nunmehr „Friedrich Otto Schmidt
technisches Atelier für Zimmerdekoration“ firmierende
Geschäft eintrat. Das Geschäft lieferte komplette
Einrichtungen bis hin zu Stuckdekoration und Kaminen im
historistischen Stil.
Die Firma war
nicht nur eines der kommerziell erfolgreichsten
Ausstattungsunternehmen der Wiener Gründerzeit, sondern nahm
auch aktiv an den vom Österreichischen Museum für Kunst
und Industrie — dem heutigen Museum für angewandte Kunst
— ausgehenden kunstgewerblichen Reformbestrebungen
teil.
Als Carl
Friedrich Schmidt 1894 und Friedrich Otto Schmidt 1895 verstarben,
übernahmen seine Söhne Max (1861-1935) und Leo
(1867-1942) das Unternehmen.
1900
übersiedelte die Firma F.O. Schmidt von der Rotenturmstrasse
in das Palais Neupauer-Brenner in der Singerstrasse 16. Seit 1904
ist das Palais Chotek in der Wäringerstraße 28 bis heute
Firmensitz.
Im Dezember 1897
veröffentlichte Adolf Loos eine Ausstellungskritik in „Der
Zeit“ — zum Thema der „ vermeidlichen
Kopierung“. Dieser loos´ sche Aufsatz führte zu
einem Überdenken des Qualitätsbegriffs und
begründete einen Wertewandel.
Die Firma F. O.
Schmidt wurde auf der Grundlage dieser Überlegungen ein Jahr
später zur Avantgarde der Wiener
Kunstgewerbereform.
Zitat Adolf Loos: „das
Publikum wird sich erinnern, welches aufsehen die hochmodernen
Möbel eines Wiener Ateliers in der Ausstellung der Secession
hervorgerufen haben — die Josef Hoffmann Entwürfe von F. O. Schmidt
“.
Die
Firma F. O. Schmidt stellte nicht nur jährlich in Wien aus,
sondern auch bei der Weltausstellung Paris 1900, wo ihre Möbel
ebenfalls für großes Aufsehen sorgten.
So
wurde z.B.: Der berühmte, sogenannte
„Elefantenrüsseltisch“ (Foto 7) dort erstmals
gezeigt. Der Entwurf zu diesem Tisch
stammte von Max Schmidt - Ausführung und Detaillierung
Werkmeister Berka.
Diesen
Teetisch verwendete Adolf Loos das erste mal 1902 und in weiterer
Folge während seiner
gesamten Schaffenszeit immer wieder.
Bereits 1900 wurde diese,
dem Jugendstil entgegengesetzte, Gestaltungsweise
selbstverständlich und mit dem Namen Loos in Verbindung
gebracht.
Die
Ära Adolf Loos
hatte begonnen.
Das
Motto war: „Die Erfindung im Einfachsten, unauffällig
das Einleuchtendste treffen und praktisch zu
überzeugen“
Adolf
Loos, der als Journalist das Wiener Kulturleben kritisch
beleuchtete und daneben im renommierten Wiener
Ausstattungsunternehmen Friedrich Otto Schmidt als Berater
fungierte, konnte so seine Gestaltungsideen im Innenraum praktisch
erproben.
Verwirrenderweise gibt es
im Programm der Firma F. O. Schmidt aber auch Modelle, die den
Einfluss von Adolf
Loos dokumentieren, ohne nachweislich von ihm verwendet oder
angeregt worden zu sein. Das bedeutet, dass das Denken von Adolf Loos umfassend die
Philosophie der Firma prägte.
Funktionalität und
Praktikabilität galten in Wien bald sprichwörtlich als
„a la Loos“.
Auch
von Max Schmidt entworfene Möbel orientierten sich wie bereits
beschrieben an den Überlegungen von Adolf Loos. Der geniale
Loos wurde zunehmend zum gestaltenden Gewissen der Firma F. O.
Schmidt. Möbel wurden von nun an als „a la Loos“
im Firmenprogramm bezeichnet, selbst die von Loos in der
Buchhandlung Manz 1912 verwendeten Varianten (Foto 4) finden sich
im Firmenprospekt.
Er
blieb mit den geschäftsführenden Söhnen Max und Leo
Schmidt zeitlebens auch freundschaftlich verbunden. Die beiden
waren seine Trauzeugen bei der Hochzeit von Lina und Adolf Loos
1902.
Aus der handwerklichen Meisterschaft des Unternehmens und der
bestärkten Wertschätzung der angelsächsischen
Wohnkultur war, unter dem Einfluss des Loosschen
Einrichtungskonzepts, ein zugleich zeitgemäßes wie
zeitloses Formenrepertoire entstanden, auf das Adolf Loos
während seines gesamten Schaffens zurückgegriffen
hat.
Lit.: Möbel des Jugendstils - Museum für angewante Kunst
Wien - Vera J. Behal
Lit.: Adolf Loos - Wohnkonzepte und Möbelentwürfe - Eva
B. Otillinger
Lit.: Adolf Loos - Werksverzeichnis - Burkhard Rukschcio
Lit.: Adolf Loos - Neues Bauer in der Welt 4 - Heinrich Kulka
Lit.: Adolf Loos - Pläne und Schriften - Walter
Zednicek
|