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Biographie - Gustav Siegel (1880-1970)

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Gustav Siegel wurde am 21. Januar 1880 in Wien geboren. Gustav Siegel erlernte das Tischlerhandwerk und Besuchte anschließend die fachliche Fortbildungsschule der Tischler in Wien. Von 1897-1901 Studirte Gustav Siegel an der Kunstgewerbeschule in Wien. Von 1899-1901 Archiketur bei Prof. Josef Hoffmann. Auf Empfehlung von Prof. Josef Hoffmann hat die Firma Jacob & Josef Kohn Gustav Siegel als Chefdesigner angestellt und mit der Arbeit an einer Möbelgruppe für die Pariser Weltausstellung 1900 beauftragt. (Speiszimmer und Schlafzimmer). Gustav Siegel (Foto 1) lieferte eine perfekte Arbeit ab.

Gustav Siegel orientiert sich an einem schon aus dem Ende der 18. Jahrhundert bekannten Fauteuil, mit niedriger Lehne, aber trotz dieser nicht ganz originellen Idee begann Siegel mit seinem Fauteuil eine neue Ära im Bugholzmöbeldesign und ließ diesen Entwurf zu dem „Pilotmodell“ der Klassischen Reihe werden. Er wurde variiert und nachgeahmt, nicht nur von anonymen Designern bei J&J Kohn und wenig später auch bei Thonet. Das Prinzip hat auch Otto Wagner für seinen Fauteuil für das Depeschenbüro "Die Zeit" und später für die Fauteuils der Postsparkasse in Wien übernommen.

Wenn wir die gepolsterten Fauteuils in „Ohrenfauteuils“ und „Klubfauteuils“ unterteilen, ist der Entwurf Gusav Siegel ein „Klubfauteuil“. Die Biegungstechnologie hat dann nicht nur die formelle Determination bedeutet; sie hat auch einen Weg zu einer ganz neuen Konstruktion geöffnet: Das rechte Vorderbein geht über den Sitz hinaus gerade nach oben, dreht um 90o nach hinten, läuft U-förmig entsprechend der Sitzform wieder nach links vorne, dreht hier nach unten und bildet das linke Vorderbein. Die Hinterbeine sind ebenfalls aus einem Stück verfertigt, wobei zwischen Sitz und Lehne noch ein gepolstertes Teil eingefügt wird.

Während die bereits seit einem Vierteljahrhundert aus eckigen Querschnitten produzierten Modelle bei den Firmen sich bis dahin immer noch des gewöhnlichen Formenrepertoires bedienten, schuf Gustav Siegel mit den quadratischen Querschnitten seines Fauteuils etwas völlig Neues. Kurz darauf entwarfen alle Künstler das Bugholzmöbel ausschließlich mit eckigen Querschnitten.

Auf der Weltausstellung Paris 1900 hat die Firma Jacob & Josef Kohn jedoch nicht nur den (obwohl erfolgreichen) Siegel Fauteuil erfolgreich vorgestellt:
„... durch ein neues, bis dahin für unmöglich gehaltenes Biegeverfahren [ist es]gelungen, sogar ihre Fachgenossen im höchsten Grade zu verblüffen. Hat die Firma im Jahre 1885 in Antwerpen die bereits im Jahre 1876 zu Philadelphia betretene, im Jahre 1878 zu Paris weiter verfolgte Richtung zu einem stilgerechten Interieur ausgestattet, so vermochte sie im Jahre 1900 eine vollständige Wohnungseinrichtung in einer, wegen ihrer Originalität, Einfachheit und ihres Geschmackes gleich bewunderten Weise auszustellen.“[1]

Erst Paris 1900 hat sämtliche Bemühung der Kohns von den letzten mehr als zwanzig Jahre verzinst. Nebst dem Siegels Fauteuil bildete das Ausstellungsexponat selbst die Exposition aus dem gebogenem Holz vom Boden bis zur Decke.

Neben Modellen mit den bereits oben erwähnten rechteckigen Biegungen wurden Kastenmöbel aus Holešov gezeigt, die die Ausstattung des Jugendstilinterieurs kompletiert und den Gesamteindruck steigerten.

Alle ausgestellten Möbel waren bereits in verschiedenen Ausführungen im Produktionsprogramm. Den Erfolg bemerkten auch die Organisatoren der Österreichischen Ausstellung 1901 in Glasgow, die daraufhin der Firma Jacob & Josef Kohn die Ausstattung des Ehrensaales dieser Ausstellung anboten. Trotz der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit konnte die Firma J&J Kohn auch hier einen Erfolg verbuchen.

Zum Ende des Jahres 1901 hatte J & J Kohn auf der alljährlichen Weihnachtsausstellung im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie einen weiteren wichtigen Erfolg. Hier zeigte man nicht mehr nur einzelne Zimmer sondern die Ausstattung eines ganzen Hauses mit Möbeln aus gebogenem Holz: Empfangsalon (Foto 2, 3), Schlafzimmer, Speiseraum, Halle, ja sogar die Flure wurden mit Bugholzmöbeln ausgestattet. Bemerkenswert, dass außer Siegels Fauteuil Nr. 715 alle weiteren Modelle, deren Designqualität sich ausnahmslos auf einem hohen Niveau bewegte, aus der firmeneigenen Entwurfswerkstatt stammten. Das mag auch mit ein Grund dafür zu sein, warum es heute einigen „Zuschreibern“ leicht fällt, diese Art von Möbeln gelegentlich einem der bekannten Entwerfer zuzuordnen (Foto 6, 7, 8).

Ein weiterer Entwurf Gustav Siegel ist die Garnitur Nr. 415 mit ausdrucksvollen ellipsenförmigen Rückenlehnen[2]. Neben der Sitzgarnitur wird noch ein Kastenmöbel abgebildet, dessen Ellipsen in den verglasten Türen mit den Rückenlehnen der Stühle und Fauteuils korrespondieren. Aber auch hier: es gibt keinen Beweis dafür, das es sich bei dem Kastenmöbel um einen Entwurf Siegels handelt. Die Ellipse, als ein Formelement, finden wir auch bei anderen Entwerfern: Josef Hoffmann Stuhl Kohn Modell Nr. 397 oder Otto Prutscher Stuhl Thonet Modell Nr. 567. Bei diesem Kastenmöbel ist die Ellipse freilich nicht nur ein oberflächliches Dekorelement; die Verwandtschaft mit der Sitzgarnitur weist zumindest auf einen unmittelbaren Einfluss Gustav Siegel bei der Gestaltung dieses Möbels hin.

Nachweisbar ein Modell Gustav Siegel ist noch der Blumenständer Nr. 1010. Beleg ist das Kunstgewerbeblatt 1902, auch wenn mit einem winzigen Fehler: der Namen des Entwerfers ist hier mit „L. Siegel“ angegeben
[3]. Halt, war es damals ein erst zwanzigjähriger Junge ...

1908 war Gustav Siegel und Franz Lebisch bei der Ausstellung "Wiener Kunstschau" für den Raum 36 (Gartentheater) verandwortlich. Der Verbleib der Gartenmöbel, Ausführung J&J Kohn ist bis Dato unbekannt.[4]

Weitere Entwürfe von Gustav Siegel lassen sich momentan nicht 100%nachweisen, auch wenn sein Einfluss auf andere Modelle aus dem firmeneigenen Entwurfsbüro der Firma
J & J Kohn ganz offensichtlich ist (Foto 6, 7).

Gustav Siegel beeinflusste ebenfalls die Entwürfsserie der Fa. Thonet (Foto 5) und war nachweislich Mitarbeiter nach der Zusammenlegung der beiden Firmen, Mundus - J & J Kohn, (erster Weltkrieg) . Mitte der 20er Jahre Zusammenlegung von Thonet - Mundus. Trotz dieser neuen Aktualität suchte der Thonet-Mundus-Konzern 1929 in einem internationalen Wettbewerb nach einem zeitgemäßen Schlüsselmodell aus gebogenem Holz. Die Jury bestand aus namhaften Architekten und Entwerfer wie Le Corbusier, Pierre Jeanneret, Gerrit Rietvield, Adolf Schneck, Bruno Paul und dem Leiter des Entwicklungsbüro der Firma Thonet-Mundus Gustav Siegel. Das Wiener Stuhl-Vestival fand einen glanzlosen Ausgang. Ebenfalls nach alter Thonet-Tradition sollte der Kunde neue Formen nur mit dem alten Qualitätsbegriff Thonet verbinden. Daher ist auch hir eine Identifikation der meisten neuartig erscheinenden Entwürfe heute noch mit wenigen Ausnahmen möglich.

Gestorben ist Gustav Siegel, einer der wichtigsten Designer, in "vergessenheit" Wien 1970.


[1] Erste österreichische (Bem. 7), S.107.

[2] The Studio. Year Book of Decorative Art, London 1908. Fotobeilage A 19.

[3] Kunstgewerbeblatt, Wien 1902, S. 211.

[4] Gartentheater, Moderne Bauformen 1908.S.40, 405u
......Deutsch Kunst und Dekoration, Bd.XXII 1908, S.62, 64, 65


Lit.: Jiri Uhlir - Semper Sursum - Jacob & Josef Kohn
Lit.: Derek E. Ostergard - Bent Wood and Metal Furniture 1850 - 1946
Lit.: Dorothee Müller - Klassiker des modernen Möbeldesign
Lit.: Museum Belvedere Wien - Gustav Klimt und die Kunstschau 1908

Siegl Gustav - J&J Kohn Nr.:715

Gustav Siegel J&J Kohn

Gustav Siegel J&J Kohn

Gustav Siegel J&J Kohn

Gustav Siegel - J&J Kohn

Gustav Siegel - J&J Kohn 719


Gustav Siegel - J&J Kohn Nr.:725


Josef Hoffmann - JJ Kohn Nr.:675

Hoffmann Josef - J&J Kohn

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